1. Das „Feriendorf Zum Störrischen Esel“ feiert sein 60-jähriges Jubiläum. Und zu diesem Anlass hat man sich im Feriendorf etwas ganz Besonderes einfallen lassen.

60 Jahre GR20-KOMFORT TOUR
In einer Woche den schönsten Teil des GRANDE RANDONNÉE, des schwierigsten Weitwanderweges erwandern. Das klingt ja wie eine persönliche Einladung! Im Jahr 2019 feiere auch ich meinen 60. Geburtstag. Mein jahrelanger Traum, den GR20 zu erwandern, könnte in Erfüllung gehen. Anmeldung erfolgt umgehend!

Es ist soweit!
Am Sonntag, den 2. Juni beziehe mein Wohnzelt. Gespannt und neugierig warte ich auf die anderen sechs Teilnehmer. Immerhin werden wir sieben plus Guide Edgar Eberle eine ganze Woche zusammen im Gebirge verbringen. Beim gemeinsamen Abendessen (Buffet vom Feinsten) lernen wir einander kennen. Jeder mustert den anderen, macht sich Gedanken über seine Kondition. Ich spüre, es wird gut!

MONTAG, 3. Juni
Üppig gefrühstückt, Pickel und Steigeisen in den Rucksack gepackt, steigen wir ins Taxi. Eine aufregende Fahrt über Île Rousse, Corte und vor allem durch das wilde, spektakuläre Restonicatal liegt vor uns. Unser Ausgangspunkt, die Bergerie Grotelle ist erreicht. Für jeden von uns noch schnell einen Espresso und alle sind startbereit. Edgar treibt seine sieben Schäfchen bergauf. Der malerisch gelegene Melosee ist bald erreicht. Maria und ich MÜSSEN rein. Die Abkühlung tut gut. Der Lac de Capitello, ein absolutes Naturhighlight, ist erwandert. Der kleine See ist unheimlich tief (42m) und wird von den senkrechten Abstürzen des Lombarduccio-Massivs eingerahmt. Dieser Platz ist ein wahrer Kraftplatz. Ich sitze und staune. Wasser, ein mitgebrachter Energydrink, aber vor allem selbstgebackenes Vollkornbrot und Bergkäse lassen meine Lebensgeister zurückkehren. Danke Maria für die gute Jause. Weiter über die Breche de Capitello zu unserem Etappenziel. In ca. 3 Stunden ist die MANGANU-HÜTTE erreicht. Acht Pietradosen werden aneinandergestoßen! Das Ambiente zum Malen. Bunte Stifte dürfen nie fehlen! Jeder belegt nun sein Bett mit seinem mitgebrachten Schlafsack im Matratzenlager. Das 3-gängige Menü wird genossen und es wird gelacht. Wanderer stehen mit der Sonne auf und gehen mit ihr ins Bett. So machen wir’s auch und zwängen unsere müden Körper in die Schlafsäcke. BONNE NUIT.

DIENSTAG, 4. Juni
Wanderer stehen mit der Sonne auf! So mache ich’s. Genieße das warme Morgenlicht, ein paar Skizzen aufs Papier und philosophiere… davon wird man aber nicht satt. Dafür sorgt Edgar! Er kocht Wasser für Kaffee und Tee und deckt den Frühstückstisch. Gestärkt werden 16 Füße in verschiedenste Bergschuhe gezwängt. Über gemütliche Weideböden wird ein Fuß vor den anderen gesetzt. Vorbei an knorrigen Bäumen, grasenden Kühen – ein Idyll! Bis zum Ninosee. Ein absoluter Energieplatz: weidende Pferde im saftigen Grün. Ein Blick auf die höchsten Berge Korsikas: atemberaubend! Durch den Wald des Niolo-Hochlandes. Schweigen liegt in der Luft. Das Bestaunen dieser Naturschönheit lässt keinen Wortwechsel mehr zu. Plötzlich geht’s steil bergauf. Die letzten Kräfte werden mobilisiert, sind ja doch schon einige Stunden unterwegs. Die Pass-Strasse ist erreicht. Die Zivilisation hat uns wieder! Heute übernachten wir sehr feudal. Im Skihotel Castel Vergio. Im komfortablen Zweibettzimmer mit warmer Dusche. Im Speisesaal mit grandioser Aussicht auf die Bergwelt werden wir mit einem korsischen Menü – Korsische Suppe, Entrecôte saignant und Crème brûlée – verwöhnt. Bei Pastis und Rosé wird es noch gemütlich und lustig. Natürlich dürfen Peter‘s Witze und Jacques Reime nicht fehlen. Aber jetzt: Bonne nuit!

MITTWOCH, 5. Juli
07:00 Uhr. WOW! Croissants, Marmelade, Butter, Schinken, Käse, Cappuccino. GR20? Nein, eben nicht! GR20-Komfort! Die achtköpfige Gruppe genießt das Frühstück. Heute wird’s ohnehin anstrengend. Über 1000 Hm im Anstieg und 14 km Strecke. Wir passieren die Bergerie Radule und wandern entlang des Golo bis zu seiner Quelle bei der Ciuttulu di Mori-Hütte. Während Edgar, Karlheinz und Peter die Paglia Orba stürmen, verweilt der Rest der Gruppe auf dieser wunderschön gelegenen Hütte. Maria und ich probieren eine frisch gemachte Omelette du fromage. Fantastique! Kaum habe ich ein paar Skizzen in mein Malbuch gemacht, sind die Bergläufer auch schon wieder zurück. Gleich geht’s weiter Richtung Bergerie Ballone. Steil bergab, das Klirren der Stöcke in meinen Ohren. Ich erblicke die Bergerie, umzingelt von grünen Zelten. In einem dieser Zelt werde ich heute übernachten. Das wollte ich schon lange! Einschlafen mit den Klängen des rauschenden Wasserfalls… Wie sagen die Korsen: Bona notte!

 

DONNERSTAG, 6. Juli
Um 05:15 Uhr kraxle ich aus dem Zelt. Im Lager ist es noch ganz ruhig. Ich fotografiere die Morgenstimmung und genieße die Stille. Während des gemeinsamen Frühstücks Frage an den Guide: „Wird der Cinto heute bestiegen?“. „Schoma mal.“ Noch Wasser von der Source in die Wasserflaschen, Rucksack schultern und auf geht‘s zur Königsetappe. Entlang des neu verlegten Teiles des GR20 auf die Bocca Crucetta. „Vorsicht! Flussüberquerung! Nicht ausrutschen auf den glitschigen Steinen!“ Es ist noch kühl. Schön langsam bricht die Sonne durch, 8 Kameras werden gegen die Sonne gehalten, um einen schönen Stern einzufangen. Ich befreie mich von drei meiner vier Kleidungsstücke. Jetzt wird die Temperatur für mich erst angenehm. Die anderen schwitzen schon lange. Auf und ab und auf und ab. Oje, noch so viel Schnee. Stöcke rein (für die anderen), ich mag sie nicht. Pickel raus! Mein erstes Pickelerlebnis. Ich darf direkt hinter Edgar gehen. Bald ein Sturz. „Nicht am Po sitzen bleiben und in die Luft schauen! Auf den Bauch drehen und Pickel in den Schnee!“ ermahnt Edgar. Auch richtig Stürzen muss gelernt sein. Ich werde es zuhause üben. Da unten liegt der Cintosee. So idyllisch – ich möchte ihn malen, die Zeit haben wir aber nicht. Der Pointe Eboulis ist erreicht. Und: „Ist die Besteigung des Monte Cinto nun noch möglich?“ 30 lange Sekunden. Natürlich möchte jeder auf den höchsten Gipfel Korsikas. Edgar: „Wir versuchen es! S‘Wetter hebt.“ Strahlende Gesichter. Es wird anstrengend. Wieder auf und ab, Kletterstellen und viele, viele Schneefelder. Nach einer Stunde stehen alle beim unscheinbaren Kreuz des Monte Cinto. Noch strahlendere Gesichter! Fotoshooting! Danke an die Männer der Gruppe, die uns Mädels stets zu Hilfe kamen! „In der Gruppe hilft man halt einander“, so unsere Bergfexe. Der Abstieg wird beschwerlich, Schuhe und Socken sind von den vielen Schneefeldern bereits waschelnass. Der Ausblick ist traumhaft. Zehn Stunden nach Aufbruch am Morgen erreichen wir das Bergsteigerzentrum Haut-Asco. Eine reichhaltige Salatplatte, Lammragout und Dessert sind bereitgestellt. Wir nächtigen wieder sehr, sehr vornehm. 18km Fußmarsch mit 1522 Hm im Aufstieg und 1545 Hm im Abstieg lassen mich bald ins Bett fallen….

 

Freitag, 7. Juli
Während ich auf der Hotelterrasse bei einem kitschigen Sonnenaufgang einen Cappuccino genieße, wird mir wehmütig bewusst, dass heute die letzte Etappe in Angriff genommen wird. Nach dem gemeinsamen Frühstück, das keine Wünsche offen lässt, steigen wir steil bergauf! Wirklich steil. Einige Highlights sind zu erwarten. Besteigung der Muvrella, Abstieg über die Hasenohrscharte zum Muvrellasee, eine 30m lange Hängebrücke, Einkehr auf der Carozzu-Hütte. Mufflons konnten wir auch sehen, nicht verwunderlich, heißt doch a muvra nichts anderes als Mufflon. Der lange Abstieg durch den Wald von Bonifato wird schon etwas mühsam, unsere Körper sind bereits ziemlich müde. Aber auch Schnecken erreichen ihr Ziel. Langsam nähern wir uns der Auberge de la fôret und die strahlenden, zufriedenen GR20-Wanderer umarmen sich. Alle haben es geschafft! Das Taxi bringt uns zum Störrischen Esel zurück. Das Abendessen nehmen wir natürlich wieder gemeinsam ein. Die vergangenen Tage lassen wir Revue passieren und ich komme zu der Erkenntnis, ich würde den GR20 in dieser Besetzung wieder machen. Fragt sich nur, ob die anderen nochmals einen „schrägen Vogel“ mitnehmen würden. Zum Abschluss ein Danke an alle für euren Teamgeist! Aber ein Danke vor allem an unseren Guide Edgar, der alles so gut organisiert und die Gruppe so gut geführt hat.

 

Maria Wallner,
GR20-Komfort-Teilnehmerin