Als begeisterte „Bergler“ war für uns bereits vor der Abreise klar, dass während unseren Korsika-Ferien auch eine Berg-Besteigung dabei sein sollte. Also haben wir uns dazu entschlossen, zusammen mit Edgar und drei weiteren Feriendorf-Gästen den Monte Rotondo auf 2622 Metern über dem Meer zu erklimmen. Er ist nach dem Monte Cinto der zweithöchste Berg Korsikas und liegt im Herzen der Insel. Frühmorgens um 4 Uhr fahren wir mit dem Auto los nach Corte und dann ins Restonicotal. Edgar hat diesen frühen Start gewählt, da wir heute 1600 Höhenmeter bewältigen müssen und das Wetter in Korsikas Bergen gegen Nachmittag schnell umschlagen kann. In der friedlichen Morgendämmerung wandern wir an der Pont de Timozzu auf einem Waldpfad los. Schon bald schimmern die ersten Sonnenstrahlen durch die Bäume, ein kleiner Bach begleitet uns auf unserem Weg und wir bestaunen wunderschöne wilde Orchideen. Auf ungefähr 1500 Meter über dem Meer kommen wir an der aus Steinen gebauten Bergerie de Timozzu vorbei, wo man typischen korsischen Käse kaufen kann. Danach folgt ein steilerer Anstieg über einen teilweise dicht bewachsenen Pfad entlang des Grates. Hier sind wir froh, dass wir uns heute Morgen für unsere langen Wanderhosen entschieden haben, denn es wimmelt nur so von dornigen Sträuchern. Vorbei an mehreren kleinen Wasserfällen des Timozzu-Baches erreichen wir schließlich den Lac del Oriente, einen wunderschönen Bergsee auf etwa 2000 Meter Höhe. Die Verlockung auf ein kühles Bad ist groß, bis man den großen Zeh ins Wasser tunkt und einem vor Kälte ein leichter Schauer über den Rücken läuft. Ein Blick nach oben lässt staunen. Hier liegt ja noch Schnee! Gestern lagen wir noch am warmen Strand von Calvi und heute wandern wir tatsächlich durch den Schnee.
Der Gipfel des Monte Rotondo zeigt sich ebenfalls bereits (siehe Mitte des Bildes). Ein letzter Balisto-Riegel zur Stärkung und dann machen wir uns auf zu unserer Schlussetappe. Diese besteht aus Schneefelder-Queren und Kraxeln an größeren Granitblöcken. Verschwitzt aber glücklich erreichen wir schließlich die kleine Biwakhütte leicht unterhalb des Gipfels. Diese wird regelmäßig von Bergsteigern genutzt und ist, wie die Bergerie, aus Stein gebaut. Ein paar letzte Schritte – und wir stehen alle auf dem Monto Rotondo-Gipfel. Wir wünschen uns je nach Herkunft ‚Bergheil’, ‚Gratuliere’ oder ‚Bütsch al piz’ und geniessen den grandiosen Rundblick über die Insel. Edgar nennt uns alle umliegenden Berggipfel und erweckt in uns bereits wieder die Lust auf weitere korsische Gipfel-Besteigungen. Beim Mittagessen erzählt Edgar von einem Geocaching-Versteck welches wir sogleich aufsuchen. Den kleinen Anhänger im Versteck nehmen wir wie vom Besitzer gewünscht mit und legen ihn in der Woche darauf bei unserer nächsten Bergtour in ein anderes Geocaching-Versteck. So reisen diese kleinen Kostbarkeiten von Ort zu Ort um die Welt. Wie von Edgar prophezeit tauchen erste dunkle Wolken in Gipfelnähe auf – für uns ein Zeichen dass wir langsam wieder absteigen sollten. Die Abstiegsroute ist die gleiche, nur dass wir jetzt zügiger unterwegs sind. Wieder unten im Tal angekommen sind wir glücklicherweise trocken geblieben und gönnen uns noch ein Pietra-Bier bevor es mit dem Auto wieder heimwärts zum ‚Störrischen Esel’ geht.
Nach diesem erlebnisreichen Tag ist für uns klar, dass dies nicht unsere letzte korsische Bergbesteigung bleiben sollte. Die Woche darauf haben wir deshalb nochmals mit Edgar und Bergsteiger-Kollegen die Monte-Corona-Überschreitung mit den wunderschönen Lareccio-Kiefern gemacht sowie das Tafonato-Loch und den Paglia Orba-Gipfel erklommen. Beim Gedanken, dass Korsika noch mindestens 47 weitere Gipfel über 2000 Metern zu bieten hat, ist unser Gipfelhunger noch lange nicht gestillt. Deshalb bleibt uns nur zu sagen: Korsika-Berge, wir kommen wieder!
Inglina Hofmann und Martin Granzotto, Schweizer Gäste